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AutorenbildSandra Tögel

Fotografin mit Leib und Seele

Aktualisiert: 6. Jan. 2021

Damit, dass ich nicht ganz normal bin, hab ich mich schon lange abgefunden. Ich mein - allein als Reiterin hat man ja schon von Vornherein ein recht durchwachsenes Image. In der Hinsicht glaube ich aber fest daran, dass es in der Reiterwelt noch weitaus schlimmere Individuen gibt, als mich.

Die Fotografin in mir war nicht immer so aufmüpfig, wie das Pferdemädchen, aber in den letzten Jahren hat sie sich sehr stark entwickelt! Ich geb euch ein paar Beispiele:

Mit der Zeit lässt sich mein fotografischer Blick gar nicht mehr abschalten.. egal, ob ich mit dem Auto über idyllische Landstraßen fahre, in der Natur spazieren gehe, oder gemütlich auf der Couch einen Film ansehe - mein Kopf produziert permanent Ideen, wo man wie einen Hund oder ein Pferd positionieren könnte, um von diesem und jenem Winkel mit dem oder dem Objektiv ein supercooles Foto machen zu können. Und zwar wirklich immer. Es hört. Nicht. Auf. "Mega!", denken sich jetzt vielleicht einige, aber ihr braucht nicht glauben, dass das bei einem Fotoshooting dann nur annähernd so ist. Wenn der Kopf muss, dann setzt er nämlich aus. Natürlich kommen trotzdem immer recht verwendbare Fotos zustande, aber ich selbst weiß, dass ich schon viele bessere Ideen hatte. Die andere Kehrseite der Medaille ist dann noch das damit einhergehende, ständige Gefühl, etwas zu verpassen. "Hätte ich jetzt eine Kamera und ein Model dann..", hab ich aber dann nicht und somit ist die Chance auf ein besonderes Bild mal wieder dahin. Ich kann das Gefühl in meinem Bauch nicht ganz beschreiben, aber wie schon gesagt, es fühlt sich an, als würde etwas richtig Cooles passieren und man ist nicht dabei. Am Schlimmsten ist das bei Sonnenauf- oder -untergängen! Wie oft musste ich schon beim "in die Arbeit Fahren" zur Sonnenaufgangszeit die wunderschönsten Farben und Lichtspiele bewundern, die ich nicht ausnutzen konnte. Oft dann auch noch gepaart mit mystischem Nebel oder glitzerndem Frost - Aaargh! Wenn ich dann mal ein Fotoshooting so plane, dass ich zeitlich eine Chance auf solch ein Spektakel habe, kann ich mir sicher sein, dass mich an dem Tag, eine richtig fette Wolkendecke höhnisch angrinst und mir den Mittelfinger zeigt. Schwierig wird es auch, wenn ich jemandem mein Handy in die Hand drücke und sage: "Kannst du bitte von mir/uns ein Foto machen?". Auch dann kann ich mein Fotografenhirn nicht ganz ausschalten, das immerzu nach dem perfekten Foto sucht. Und genaue Vorstellungen hat, wie das Foto aussehen muss. Ich glaube mehr muss ich dazu nicht sagen. Natürlich gibt es auch Menschen, bei denen ich weniger nervig bin mit "Bitte mach noch eines aus diesem Winkel", "Mach bitte lieber ein Foto im Querformat" oder "Magst du nicht etwas in die Knie gehen?" und nehme, was ich kriegen kann. Wobei, wenn ich so darüber nachdenke, mache ich das wohl meistens so, dass ich nichts sage. Bei Leuten, die mir nahe stehen, gibt es schon immer wieder mal oben genannte Bemerkungen meinerseits, aber das meiste spielt sich hier wahrscheinlich auch in meinem Kopf ab. Wie auch immer - ich habe mir deswegen angewöhnt, (wenn ich nur ein qualitätiv instagramtaugliches Foto haben will) die Kamera irgendwo zu platzieren, ein Video aufzunehmen und nachher Screenshots zu machen - ist für alle Beteiligten die beste Lösung. Genauso sehe ich bei Bildern in Zeitschriften, auf Werbetafeln und so weiter, wohl Dinge, die andere (normale) Menschen nicht sehen: Diese eine Stelle hätte man noch aufhellen können. Das ist definitiv nicht der Originalhintergrund.. und freigestellt wurde es auch nicht sauber. Das ist doch total überbelichtet - und oh, hier ist wohl in der Farbgestaltung jemand über's Ziel hinaus geschossen. Die Grundzüge dieses Verhaltens hat mein Gehirn aber vermutlich vom Pferdemädchenanteil, da das Aufdecken von allen möglichen Fachfehlern dadurch ja sozusagen in meiner Natur liegt. Wenn ich mir das bis hier so durchlese, könnte man fast glauben, dass ich meine Fotografinnenseite eher als Fluch sehe - so ist es natürlich nicht! All das bedeutet ja auch, einen besonderen Blick für das (subjektiv) Schöne zu haben und damit auch etwas anfangen zu können. Jedes Spiel von Licht und Schatten, die Farbenpracht des Lebens und die Vielfalt der Natur schätzen zu wissen. Und es bedeutet auch, sich die Vergänglichkeit von Momenten immer vor Augen halten zu können und somit den Wert von emotionalen Erinnerungen, wie Fotos es sind, begreifen zu dürfen. Ich weiß dadurch auch, dass gerade an "Schattenseiten", die schönsten Bilder entstehen können und, dass wir uns gerade das im täglichen Leben immer vor Augen halten sollten.

Für all das und noch viel mehr bin ich Fotografin mit Leib und Seele - und ich liebe es!

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